Josef Jerger war zwischen 1960 und 2002 der Erste Vorsitzende der Einwohnergemeinschaft Offenburg-Hildboltsweier e.V.
Im Trubel des Wiederaufbaus nach dem Krieg hatte die Offenburger Stadtverwaltung die Bürgerinnen und Bürger von Hildboltsweier schlicht vergessen.
Josef Jerger: Wir hatten weder eine Kanalisation, also eine Abwasserbeseitigung, noch hatte man eine Wasserleitung, was noch viel schlimmer war, sondern man musste sich durch Pumpbrunnen versorgen. Und wenn man dann bedenkt, dass die Abwassergrube und der Brunnenschacht nebeneinander gesetzt wurden, so wäre das heute nicht mehr vorstellbar. Man hat dann versucht, mit der Stadtverwaltung hier Verhandlungen aufzunehmen. Doch wer war von den Siedlern von Hildboltsweier dafür zuständig? Das war schwierig, denn es gab keinen Vertreter im Gemeinderat. Daher wurde dann die Einwohnergemeinschaft Offenburg-Hildboltsweier gegründet.
Welche Funktion hat dieser Bürgerverein damals übernommen?
Josef Jerger: Diese Einwohnergemeinschaft war einfach das Sprachrohr. Und diese Dinge wie Abwasserbeseitigung und Kanalisation sowie Frischwasserversorgung durch städtische Wasserleitungen, Straßenbeleuchtung und Straßenaufbau sind dann nach und nach ins Rollen gekommen.
Den Aufbau der Infrastruktur hat sich die Einwohnergemeinschaft als Aufgabe gesetzt.
Josef Jerger: Ich behaupte heute noch: Ohne die Einwohnergemeinschaft Hildboltsweier wären diese Dinge sicherlich erst einige Jahre später gekommen. Inzwischen hätten wir sie natürlich auch, aber damals kam es ja auf jedes Jahr an.
Hildboltsweier schaffte so also den Anschluss an den Standard der übrigen Stadtteile von Offenburg. Dabei ist die Eigenintiative der Bürgerinnen und Bürger ein Grundbestandteil der Gemeinschaft im Stadtteil.
Josef Jerger: So wurde die Kirche in dieser 50 jährigen Zeit ihres Bestehens schon vier mal renoviert, vier mal in Eigenarbeit, was in einem anderen Stadtteil in diesem Umfang sicherlich nicht möglich gewesen wäre.
Das Engagement geht über die Kirchengemeinde hinaus?
Josef Jerger: Ja natürlich, so kam es auch dazu – auch das ist eine Eigenart von uns Hildboltsweierern – , dass wir im Jahr 1960/61 das Einwohnerheim auch in Eigenarbeit gebaut haben.
Wie hat sich denn die Aufgabe der Einwohnergemeinschaft über die Jahrzehnte verändert?
Josef Jerger: Auch heute haben wir sicher noch eine kummunalpolitische Funktion, obwohl ich sagen muss, dass wir inzwischen nicht mehr die vielen Probleme haben. Deswegen haben wir unsere Tätigkeiten aufs kulturelle und soziale Gebiet ausgedehnt. So machen wir jede Woche Gymnastik für Senioren und Frauen. Einmal im Monat veranstalten wir einen Seniorennachmittag mit Programm. Wir bereiten gerade jetzt einen Konzertabend und einen Theaterabend vor.
Inwiefern arbeitet die Einwohnergemeinschaft auch auf sozialem Gebiet?
Josef Jerger: Wir machen Krankenbesuche bei unseren Mitbürgern. Wir vergessen sie auch nicht, wenn sie ein Jubiläum feiern. Von der Wiege bis zur Bahre wollen wir für die Leute da sein.